Aktuell

Inhalt

Woher und Wohin

Wir, Sonja Hintermeier und Karin Kraus, arbeiten seit November 2018 daran, die Leistungen von Frauen im Netz sichtbarer zu machen. Wir halten die Überwindung der digitalen Wissenslücke über Frauen und andere marginalisierte Gruppen und deren Leistungen (Digital Gender Knowledge Gap) für einen wichtigen Schritt, um Geschlechtergerechtigkeit näher zu kommen.

Wir waren und sind davon überzeugt, dass sich diese riesige Wissenslücke nicht mehr durch ehrenamtliche Beteiligung an enzyklopädischen Projekten schließen lässt. Begonnen haben wir damit, Biografien und Artikel zu Frauen- und Lesbenprojekten, die im Zusammenhang mit der neuen Frauenbewegung stehen, zu schreiben, um sie in der Online-Enzyklopädie Wikipedia zu veröffentlichen. Wir bauten dafür ein Redaktionsteam auf, recherchierten, schrieben Artikel und stellten sie nach den Wikipedia-Regeln in das Lexikon ein. Für diese Arbeit warben wir Finanzmittel beim Frauenreferat der Stadt Frankfurt am Main und dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst ein. Wir gründeten Women Writing Wiki und gaben unserer Arbeit damit einen professionellen Rahmen.

 

Women Writing Wiki in Wikipedia (2018–2021)

Nach einem Jahr erfolgreicher Veröffentlichungen unserer Artikel in Wikipedia wurde durch eine Presseerklärung des Ministeriums zunächst die antiliberale Presse und danach eine Gruppe von Paid-Editing-Gegner:innen aus der Wikipedia-Community auf uns aufmerksam. Die Tatsache, dass wir finanzielle Mittel eingeworben hatten, widerspräche den Grundsätzen von Wikipedia. Sie kritisierten unsere Artikel, sprachen ihnen die Relevanz ab und verdächtigten uns – die Autorinnen – der Manipulation. Schließlich wurde ein großer Teil unserer Artikel gelöscht und alle unsere Konten wurden gesperrt. Nach sechs Monaten Auseinandersetzung mit der Wikipedia-Community wurden wir in letzter Instanz durch das Wikipedia-Schiedsgericht endgültig von der Online-Enzyklopädie ausgeschlossen.

Damit mussten wir konstatieren: Unser Anspruch, die Datenlücke zum Wissen über Frauen möglichst schnell und mit Fördermitteln schließen zu wollen, passt nicht in die Struktur und die Arbeitsweise von Wikipedia und Wikimedia. Auch für unsere Inhalte brauchen wir andere Regularien, eine gendergerechte Sprache und einen relevanzbasierten Blick auf Frauen und ihre Leistungen – die nicht nur nach unserem Ermessen längst einen Eintrag in ein Lexikon verdient hätten.

 

Die Entwicklung einer zeitgemäßen, gendergerechten lexikalischen Plattform

Wir haben uns Anfang 2021 entschieden, ein neues wissens- und gendergerechtes Online-Lexikon zu gründen. Dafür erarbeiten wir einen adäquaten Arbeitsrahmen und entwickeln mit unserem Expert:innennetzwerk differenzierte Relevanzkriterien für unsere enzyklopädische Arbeit. Redaktion und Autor:innen arbeiten nicht anonym, Umgangs- und Arbeitsformen werden respektvoll, teamorientiert und auf Augenhöhe sein. Die Arbeit auf und mit der neuen Plattform wird für alle Autor:innen einfacher werden. Die Sprache wird gendergerecht und die vernetzte Zusammenarbeit mit vielen etablierten Frauen*institutionen wird einen zusätzlichen Beitrag leisten, um den Digital Gender Knowledge Gap zu verkleinern.

 

Wie wir starten

Wir beginnen mit den Artikeln, die wir zu den Protagonistinnen und Errungenschaften der zweiten Frauenbewegung ab den 1970er Jahren für Wikipedia geschrieben haben. Diese über 30 Artikel stellen wir auf die neue Plattform. Wir arbeiten dabei mit frauen*spezifischen Algorithmen. Mit diesen Artikeln und ihren vielfältigen Verlinkungen fangen wir an, das Wissen von und über Frauen* aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen frei zugänglich zu machen. Dabei achten wir besonders darauf, die Inhalte sichtbar zu machen, denen sonst das Vergessen droht.

Seit April 2021 arbeiten wir an dem Auf- und Ausbau eines interdisziplinären feministischen Frauen*-Netzwerks, das uns fachlich und inhaltlich begleitet.